In Deutschland wurden die Wölfe im 19. Jahrhundert verdrängt und „ausgerottet“, der letzte Wolf wurde 1904 in Sachsen geschossen.
Im 20. Jahrhundert setzte ein Umdenken bezüglich ihres Schutzes ein. Internationale Abkommen zum Artenschutz, wie das Berner Übereinkommen und die FFH-Richtlinie der EU, ebneten den Weg für ein neues Kapitel in der deutschen Wolfspolitik. Diese Abkommen verpflichten die Unterzeichnerstaaten, gefährdete Arten und ihre Lebensräume zu erhalten.
Im Zuge dessen wurden auch in Deutschland rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, um den Wolf als streng geschützte Art zu erhalten. Das Bundesnaturschutzgesetz wurde entsprechend angepasst, und der Wolf genießt seitdem den höchsten Schutzstatus.
Hier hat Deutschland über das Bundesnaturschutzgesetz den Schutzstatus jedoch höher definiert, als es die EU-Regelungen fordern, was dazu führt, dass selbst die Entnahmen von Einzeltieren, die großen Schaden verursachen, selten rechtssicher sind.
Die DBBW (Dokumentations-und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf) erfasste für das Monitoring-Jahr 2022/2023 in Deutschland 254 Wolfsterritorien und 184 bestätigte Rudel, die höchste Wolfsdichte gibt es in den Bundesländern Brandenburg (52 Rudel), Niedersachsen (39 Rudel) Sachsen (38 Rudel) und Sachsen-Anhalt (27 Rudel)
Die Erfassung und Dokumentation der Rudel basieren auf Foto-Dokumentation durch Wildkameras, der genetischen Identifikation auf der Basis von Kotproben und Abstrichen an gerissenen Wild- und Weidetieren.
In Deutschland wird jeder tot gefundene Wolf in das Leibnitz-Institut für Zoo-und Wildtierforschung zwecks eingehender Untersuchung verbracht. Da ein nicht unerheblicher Anteil der Totfunde genetisch keinem erfassten Rudel zugeordnet werden kann, besteht kein Zweifel darüber, dass es in Deutschland deutlich mehr Rudel geben wird, als über die DBBW erfasst werden.
Durch eine Auswertung aller Totfunde von 2004 bis 2022 hat ein Team der Weidezone Deutschland das folgende festgestellt:
Von insgesamt 943 tot aufgefundenen Wölfen waren 233 keinem durch die DBBW erfassten Rudel zuzuordnen, bei weiteren 36 ist die „Zuordnung noch offen“ – übrigens auch bei Funden aus dem Jahre 2019.
Quelle: https://www.dbb-wolf.de/totfunde/auflistung-nach-jahren
Jetzt könnte man natürlich sagen – das sind alles Wölfe auf der Wanderung gewesen, auf der Suche nach einem Partner, einem neuen Revier etc. Könnte man sagen – wären nicht von diesen 233 Wölfen 85 Welpen unter einem Jahr und 58 Jährlinge, also Tiere im Alter ab einem Jahr, gewesen.
Zu Welpen und Jährlingen heißt es auf der Seite der DBBW [Zitat:]
„Ein Wolfsrudel ist eine Wolfsfamilie. Sie besteht in der Regel aus den Eltern, den Welpen und den Nachkommen aus dem Vorjahr (Jährlingen). Manchmal leben aber auch ältere Nachkommen oder Großeltern mit im Rudel.“
Quelle: https://www.dbb-wolf.de/mehr/faq/faq-biologie-des-wolfes
Das bedeutet im Umkehrschluss: 143 tot aufgefundene Tiere haben Eltern, also Mütter und Väter, die der DBBW als Monitoringstelle für Wölfe in der Bundesrepublik Deutschland gänzlich unbekannt sind.
Addiert man die 36 hinzu, bei denen die Zuordnung bis zu vier Jahre lang nicht erfolgen konnte, sind wir bei 179.
Multiplizieren wir das jetzt einmal mit Mutter und Vater, so sind das schon 358 Wölfe, die durch das Raster gerutscht sind und legt die – ebenfalls laut DBBW – Mindestzahl von vier Jungtieren pro Wurf im Rahmen eines Reproduktionszyklus zu Grunde, so sind dies inklusive der Elterntiere 1074 Wölfe, von denen wir natürlich unsere 179 toten wieder abziehen.
Quelle: https://www.dbb-wolf.de/Wolf_Steckbrief/portrait
Wir kommen somit zu einem Endergebnis, dieses lautet + / - 895 Wölfe, die momentan unter dem Radar in Deutschland leben könnten – und sich natürlich ebenfalls reproduzieren.
Was für diese Theorie spricht ist übrigens die Tatsache, das sich aus der Tortengrafik für das Jahr 2022 ergibt, das in diesem Rekordjahr alleine 48 Tiere gefunden wurden, die keinem bekannten Rudel zuzuordnen waren.
Dort, wo die Wölfe sich ansiedeln, führt dies zu großen Konflikten mit der Weidetierhaltung.
In 2022 geht man von 4.300 getöteten oder verletzten Haus- und Weidetieren aus, wobei nur die Tiere erfasst werden, bei denen ein eindeutiger genetischer Nachweis den Verursacher Wolf benennen konnte oder die Spurenlage eindeutig war. (Pfotenabdrücke, Fell, Sichtung) Die Dunkelziffer wird deutlich höher sein.
Die „Schäden“ an den „Haus - und Weidetieren“ werden zwar entschädigt, jedoch löst dies bei Weitem die Probleme nicht und kann das verursachte Leid, das bei Tier und Mensch verursacht wird, nicht kompensieren.
Die stetig anwachsende Wolfsdichte führt auch zunehmend zu Nahbegegnungen und Konflikten mit der Bevölkerung.
In den letzten Jahren ist im Thema Wolf eine Spaltung in der Bevölkerung zu beobachten: Die Stadtbevölkerung romantisiert das Großraubtier – hat sie doch keinerlei Berührungspunkte mit ihm in ihrem täglichen Leben. Und die Landbevölkerung leidet zunehmend unter der Wolfsdichte. Diese Problematik war dem Bundesamt für Naturschutz bereits im Jahr 2007 bewußt - nicht umsonst heißt es in einem von dort herausgegeben Skript 201:
Neben der Angst um die Haus-und Weidetiere beunruhigen Wolfssichtungen an Kindergärten, Schulbushaltestellen und in Wohngebieten die Menschen und schränken sie ein. Hierzu finden Sie hier weitere Informationen (Klick!)
Die Zukunft der artgerechten Weidetierhaltung, die nicht nur unser (Kultur-)Landschaftsbild prägt, sondern die die hohe Biodiversität wie wir sie heute kennen, erst möglich machte, die darüber hinaus einen wertvollen Anteil zum Natur-und auch Katastrophenschutz (Deichschutz) beiträgt, ist bei ansteigender Wolfsdichte ungewiss.
Unser Verein hat sich zum Ziel gesetzt, die Haus- und Weidetierhaltung als kulturellem Bestandteil des Landlebens zu schützen und einen gangbaren Weg unter Berücksichtigung der unterschiedlichen und teils gegensätzlichen Interessenlagen und Schutzgütern von Landschaftsschutz, Naturschutz, Katastrophenschutz und Artenschutz zu finden.
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